Die kühle Woge des GlücksEdith Wharton
Taschenbuch
Was bringt einen Verlag dazu, einen 1913 in den U S A zuerst veröffentlichten Roman jetzt, im März 1999, in einer deutschen Übersetzung auf den Markt zu bringen? Der Stoff ist aktueller denn je. In Edith Whartons Roman < I> Die kühle Woge des Glücks geht es um das alte Spiel der Gesellschaft von Sein und Schein, um die oberflächliche Anziehungskraft des Geldes in der Geldaristokratie, das herrlich satirisch aufbereitet wird. < P> Undine Spragg ist jung und schön. Sie hat sich in den Kopf gesetzt, sich einen Mann aus den Kreisen zu angeln, die sich High Society nennt. Ihr Plan geht tatsächlich auf, aber bereits ihre Hochzeitsreise wird - an ihren Zielen gemessen - zum Reinfall. Ihr Mann lebt vom Geld anderer, und als dieses ganz ausbleibt, ist die Enttäuschung programmiert. Es ist absehbar, daß die Ehe sich auf diesem brüchigen Fundament nicht halten kann. < P> Das Spiel beginnt von vorn: Mit einem neuen Mann, einem neuen Anlauf und mündet in einen neuen Reinfall. " Sie ist die perfekte Ausgeburt dieses Systems, der vollkommene Beweis für seinen Triumph", läßt die Autorin einen Herrn, der die Gesellschaft durchschaut hat, wissen - sinnigerweise zu der Noch-Schwiegermutter der Romanheldin. < P> Edith Wharton lotet Abgründe aus. Eine schillernde Figur an der Wall Street verfällt dem Alkohol und wird, nachdem es bekannt wird, von der so sehr auf Etikette bedachten Gesellschaft postwendend fallengelassen. Das ist hinlänglich auf unsere moderne Zeit übertragbar. Die sogenannte Yellow Press lebt davon und schlachtet genüßlich das Leben der Schönen und Reichen auflagensteigernd aus. < P> Edith Whartons Figuren und Schauplätze sind austauschbar, aber aus der fast schon sicheren Distanz zwischen 1913 und 1999 hält sie auch der heutigen Gesellschaft einen Spiegel vor. Der Leser wird dabei das Gefühl nicht los, daß das, was die Autorin als Satire beschrieben hat, inzwischen von der Wirklichkeit überholt wird. Eine Milieustudie der besonderen Art. < I>-Corinna S. Heyn
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