Klasse statt Masse. Die Erde schätzen, den Verbraucher schützenRenate Künast
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Es war eine echte Premiere, als Renate Künast im Januar 2001 zur Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft berufen wurde. Noch nie zuvor hatte das Thema Verbraucherschutz auf politischer Ebene so demonstrativ Gewicht erhalten. Grund für die Ernennung der Grünen-Politikerin: Das Vertrauen der Verbraucher in ihre Lebensmittel war nach dem B S E-Skandal auf ein Minimum gesunken. < P> Wie sie dieses Vertrauen zurückgewinnen will, darüber berichtet die "oberste Krisenmanagerin" Renate Künast in ihrem Buch. Es ist eine Art Programmschrift unter dem Motto " Was sich alles in der Landwirtschaft ändern muss" - mehr ökologischer Landbau, eine artgerechtere Tierhaltung, weniger Macht für die einflussreiche Agrarlobby und vieles mehr gehören zu Künasts Zielen. Zusammengefasst hat sie ihre Vorstellungen unter dem Slogan < I> Klasse statt Masse. Die Verbraucher sollten wieder sicher sein können, dass Lebensmittel weder für sie selbst noch für die Natur schädlich sind. < P> Die Arbeit des neuen Ministeriums habe schon einiges bewirkt, schreibt Künast. Überhaupt hält sie sich mit Eigenlob wahrlich nicht zurück. Dennoch wird auch deutlich, dass viele Maßnahmen zum Verbraucherschutz noch nicht viel mehr sind als Absichtserklärungen. Das hat mehrere Gründe: Das Thema B S E ist fast völlig aus den Schlagzeilen verschwunden - und damit sinkt auch das Interesse der Bauern sowie der Verbraucher, ihr Verhalten zu ändern. Zum Zweiten ist die deutsche Agrarpolitik in ein dichtes europäisches Regelungs-Netzwerk eingebunden: Jede Neuerung muss in langwierigen Verhandlungen auf E U-Ebene durchgesetzt werden. Wie schwierig das alles sein kann, beschreibt Künast anschaulich in ihren Erfahrungsberichten von Tagungen des Deutschen Bauernverbandes oder des E U-Agrarministerrats. < P> Künasts Buch enthält neben Politischem auch viel Persönliches: Die Autorin gibt Einblick in ihren Arbeits- und Lebensalltag, ihre Gedanken und Gefühle während der turbulenten ersten Monate nach ihrer Berufung. Da rutscht das Buch bisweilen ins Banale und Betuliche ab. Ansonsten aber wird viel von den Vorstellungen der Politikerin Renate Künast deutlich. Und auch von ihrem selbstbewussten Auftreten. Als ein Oppositionsabgeordneter dem Berliner " Stadtkind" Künast vorhielt, sie habe ja noch nie einen Stall von innen gesehen, konterte sie: " Können Sie mir erklären, wie es kommt, dass all die, die Ställe von innen kennen, nicht das Entstehen des Problems verhindert haben, das wir heute haben? " Und eine Antwort, schreibt Künast, habe sie bis heute nicht erhalten. < I>-Christoph Peerenboom
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