TimesAudio CD
Aus dem Kloster direkt in die Disco. Mit " Sadeness" hat einst alles angefangen: Dieser Hit von Michael Cretus Enigma paarte moderne Popsounds mit archaischen Kirchenchorälen und brachte damit eine Lawine ins Rollen. Seither erfährt die Sakralmusik vergangener Jahrhunderte eine unerwartete Renaissance, und zwar bei den Pop-Hörern! Sie holen die Klerikalklänge aus dem Gotteshaus in die Charts. < P> Im "aufgeklärten", vom Verstand geprägten Informationszeitalter ist der Wunsch nach etwas Mystik und Spiritualität nur allzu verständlich. Von der Berliner Gruppe Lesiëm und ihrem Konzeptalbum < I> Times wird der Wunsch zum Teil befriedigt. Die Mystic-Pop-Gruppe um Mastermind Alex Wende kreiert hier aus gregorianischen Mönchschorälen, Gesängen im Stil von Carl Orffs < I> Carmina Burana, aus Bezügen zur altrömischen Liturgie, New-Age-Momenten, groovenden Beats von heute sowie aus zeitgemäßen Elektronik-Sounds eine Pop-Oper der großen Gefühle. Mithilfe von Gastsängerin Maggie Reilly, die 1983 den Titel " Moonlight Shadow" von Mike Oldfield zur Unsterblichkeit adelte, und dem Chor der Deutschen Oper Berlin entstand ein sehr aufwändig inszeniertes Gesamtkunstwerk. < P> Thematisch dreht sich auf der Compactdisc alles um die Urbedingungen des Menschseins. Tugenden und Laster wie Caritas ( Liebe), Vanitas ( Eitelkeit), Justitia ( Gerechtigkeit), Spes ( Hoffnung) und Invidia ( Neid) werden da in lateinischen und englischen Texten besungen. Dabei wird man allerdings das Gefühl nicht los, dass es Lesiëm nicht um die ernsthafte Auseinandersetzung mit diesen existenziellen Themen geht, eher schon um ein theatralisches Spiel mit Effekten, Oberflächenreizen und Stimmungen. Allzu viel Tiefgang sollte man also nicht erwarten. Wem an einer seriösen Behandlung gelegen ist, der ist mit Alben wie Canto Gregoriano vom Coro Santo Domingo de Silos, Musica Mystica der Niederaltaicher Scholaren oder Symphoniae von Sequentia besser bedient. Wer jedoch auf Mystic-Pop-Acts wie Adiemus, Era, E Nomine, Masters Of Chant und Cantara steht, wird auch an Lesiëm großen Gefallen finden. < I>-Harald Kepler
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