Krzysztof Penderecki: LukaspassionAudio CD
Eine Passion, die in den Jahrzehnten nach Auschwitz entstanden ist, kann keine anderen Assoziationen wecken. Verführte Massen fordern endgültige Ausrottung, die Folterknechte Christi gehen brutal vor wie die Henkersknechte der Vernichtungslager. Es ist weder Zeit noch Platz zum Jammern und Klagen wie in barocken Passionen. Aber auch die Anklage fehlt. Der wütende Schmerz zeigt sich erst bei den Betrachtenden der grauenvollen Szene, den Marien und Johannes. Der Rest versinkt in Gleichgültigkeit. " Et stabat populus spectans. . . " < P> Und doch, gerade noch, kurz und heftig, das Schlussbekenntnis: Erlösung und Wahrheit in leuchtenden Dur-Akkorden. Die Wirkung ist erschütternd, damals wie heute. Geräuschwellen wie in den Science-Fiction-Filmen der 60er und 70er Jahre, von einem gewaltigen Klangkörper hervorgebracht, lassen die Hörer mitgehehen. Bilder und Szenen entstehen vor dem inneren Auge und Ohr, vom Ölberg zu Pilatus, von Golgatha bis zum Paradies. < P> Bayreuths langjähriger Siegfried, Manfred Jung, ist ein pathoserfüllter Evangelist, über dessen lateinische Ausspracheschnitzer man getrost hinwegsehen mag, da er als Sprecher allein durch seine fein nuancierten Stimmfarben Stimmungen hervorrufen kann. Er macht die Urverwandtschaft zwischen Oratorium und Theater auf wundersame Weise spürbar. Der Jesus-Interpret kommt aus programmatischen Gründen kaum zu Wort, soll doch das unrechte Leiden an sich und nicht so sehr das Schicksal eines Einzelnen, und sei es auch Gottes Sohn, im Vordergrund stehen. Aufregend ist das Zusammenklingen der drei Chöre unterschiedlicher Provenienz, zweier Rundfunkchöre ( W D R und N D R) und des Mainzer Domchores in der Bonner Beethovenhalle. Zu einem wahren Highlight ist ihnen die Verspottung vor dem Hohepriester geraten. Der maliziösen Brutalität kann man sich kaum entziehen. Das haltlose " Barrabam" und " Crucifige", in jeder Passion erwartungsvoll herbeigesehnt, kann nur noch Gänsehaut hervorrufen. Mit einem Wort: Liebhaber geistlicher Chormusik sollten das Kreuz bald auf sich nehmen, um in diese Aufnahme hineinhören zu können. < I>-Mara Nottelmann-Feil
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