Leonardo da VinciDaniel Arasse
Gebundene Ausgabe, 0-03
"Gott ausgenommen, ist wahrscheinlich über keinen Künstler so viel geschrieben worden wie über Leonardo." Mit diesem Eingeständnis kommt Daniel Arasse gleich zu Beginn seiner Monographie dem absehbaren Einwand gegen jedes derartige Werk selbst zuvor: Es gibt zuviel Literatur über Leonardo. Warum also noch einmal 540 Seiten? Zwei Gründe sprechen dafür: Zum einen ist die Leonardo-Forschung in den letzten Jahrzehnten wesentlich vorangekommen. Noch Mitte der 60er Jahre war man der Ansicht, daß seit Ende des 19. Jahrhunderts kaum mehr nennenswerte Neuigkeiten an den Tag gekommen seien. Zwei umfangreiche Manuskript-Funde in der Madrider Nationalbibliothek in den späten 60er Jahren änderten diese Situation. Mit ihrer Hilfe konnten in den letzten drei Jahrzehnten viele Fragen geklärt werden, die vor allem die beeindruckenden, aber bisher relativ unzusammenhängenden Handschriften Leonardos aufgeworfen hatten. Daniel Arasse nimmt diese Ergebnisse auf und stellt vor allem die Kodizes in den Mittelpunkt seiner Untersuchung. Anhand ihrer Texte und Zeichnungen macht er die intellektuelle und künstlerische Entwicklung Leonardos nachvollziehbar. Die Gestalt, die Arasse dabei entwirft, ist nicht nur glaubwürdig, sondern auch angenehm weit von der kritiklosen Heiligenverehrung entfernt, die einen Großteil der Leonardo-Literatur auszeichnet. Das zweite Argument für Arasse ist sein eleganter und zurückhaltender Stil, der das Buch zu einer unterhaltsamen Lektüre auch für Nichtfachleute macht. Kenntnisreich, kompetent und dabei nie geschwätzig zeigt Arasse die sozialen Bedingungen auf, unter denen sich Leonardos außergewöhnliche Talente enfalten konnten. Er zeichnet das Bild einer Epoche, in der künstlerische Tätigkeit weit unter höfischen Aufgaben rangierte (nicht umsonst bot sich Leonardo dem Herzog von Mailand nicht als Maler sondern als Ingenieur an) und die Vielseitigkeit belohnte. 300 technisch erstklassige, meist farbige Reproduktionen zeigen alle Gemälde Leonardos und eine Vielzahl der Zeichnungen und Konstruktionsskizzen der Kodizes. Eine ausführliche Bibliographie, ein Namensregister und ein Werkverzeichnis vervollständigen den guten Eindruck, den der opulente Band in Inhalt und Ausstattung hinterläßt. --Christian Demand
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