Das geheimnisvolle Serum
Fantasy Abenteuer-Roman von Janis Purucker
Angefangen 1993 im Alter von 10 Jahren, fertiggestellt am 13.Mai 1995 mit 12 Jahren
Komplett kostenlos im Internet zu lesen
Kapitel 15
Als ich meine Augen aufschlage, sehe ich Palmen über mir. Das Meer rauscht. Es
ist eigentlich genau so wie auf der Trauminsel. Und trotzdem anders. Ich
überlege. Insel des Tores?! Hm... Dann fällt mir ein, dass ich ja Chris wecken
muss! Ich mache es und wir schauen uns erst einmal richtig um. Wir sind an einem
Strand. Das ist von vornherein klar. Hinter uns ist ein schier
undurchdringlicher Dschungel aus Palmen, Dornensträuchern und tief
herabhängenden Lianen. Dort können wir jedenfalls ohne die entsprechende
Ausrüstung nicht hinein, das ist auch klar. Aber was uns interessiert, ist ja
eben das, was unklar ist!
Plötzlich fällt mir das Buch ein. Ich schlage es auf: "Wenn ihr dann da seid,
müsst ihr das Tor, weswegen die Insel ja "Insel des Tores" heißt, finden, um
wieder in eure Welt zurückzukehren! Das ist eure letzte Aufgabe! Und ich gebe
euch einen Tip: Die Insel wird auch die der Tiere genannt! Also, nutzt eure
Gabe aus und erkundigt euch, wie man zum Schloss des Königs kommt, in dessen
Turm ja das Tor ist. Und noch etwas: Auf dieser letzten Etappe eurer Reise,
eben dieser Insel, ist nichts unmöglich, und nichts möglich, alles nur Schein
und Lüge, und doch Realität und Wahrheit! Und bedenkt vor allem dies: Lasst euch
nicht verwirren!"
Wir schauen uns wie immer etwas komisch an und sagen nichts. Etwas später
denken wir darüber nach, was diese Gabe wohl sein soll, oder besser gesagt, was
sie bedeutet. Wir kommen auf keinen anderen Schluss als auf diesen: Anscheinend
können wir hier auf dieser Insel mit Tieren reden! Und die Tiere mit uns! Das
muss sich natürlich erst beweisen. Also machen wir uns auf die Suche nach einem
freundlichen Affen oder vielleicht einem hilfsbereiten Delphin. Wir rufen laut
auf das Meer hinaus, schreien in den undurchdringlichen Dschungel, usw. Aber,
wie immer auf das erste Mal: Nichts! Das ist uns schon lange klar geworden!
Also setzen wir uns erschöpft in den Sand und fangen damit an, ein bisschen
darin herumzugraben, in der Hoffnung, vielleicht wenigstens eine Krabbe oder
einen Krebs zu finden, den wir nach dem Weg fragen können. Doch auch das bleibt
erfolglos. Wir ruhen uns gerade eine Minute erschöpft aus, als wir über uns
plötzlich kreischende Schreie hören. Wir blicken nach oben und erspähen einen
Albatros, der anscheinend zu landen versucht. Als er näher kommt, verstehen wir
doch tatsächlich auch seine Schreie! "Hilfe! Achtung! Kreeeiiiiisch! Alles weg
da unten, ich versuche gerade meine erste Laaaaaaaaa" Und er stürzt genau vor
unseren Füßen in den Sand. Als er sich nach einer Weile hochrappelt, erschrickt
er zuerst. Doch dann fängt er auf einmal an zu plappern: "Aha, ihr seid also
solche komischen Wesen, von denen mir Mama und Papa erzählt haben! Haha, ich
hätte nicht gedacht, dass ihr wirklich so komisch ausseht! Haha! Wer seid ihr
denn? Kommt ihr aus dem seltsamen Land, wie Papi sagte, äh, Amäriga, oder so
ähnlich, haha, oder vielleicht aus Doitschlant? Hahahaha!"
Ich unterbreche ihn: "Wir sind Laura und Chris aus Amerika! Woher wisst ihr von
Ländern aus unserer Welt?"
"Hahaha! Eurer WELT?! Ha, Papi und Mami haben mir erzählt, was das für eine
Welt ist! Ihr streitet und führt so etwas, das man Grig, oder so nennt,
gegeneinander, quält Unseresgleichen und macht dabei noch eure schöne WELT so
kaputt, dass ich nicht glaube, dass es sie in tausend Jahren noch gibt! Ha, das
soll eine WELT sein?! Das ich nicht lache! Ich bin zwar noch klein und
unerfahren, aber so blöd wie ihr und Euresgleichen?! Ha, so wäre kein Tier zu
einer Welt, wie dieser, die ihr geschenkt bekommen habt! Doch gottseidank haben
ein paar Vorfahren von uns das "Tor des Übertritts", das ihr ja wahrscheinlich
sucht, gefunden und sind herübergekommen in diese Dimension! Doch leider haben
sie das Tor mitgenommen, so dass keiner Euresgleichen jemals hier herüber, in
diese friedliche Dimension einer Welt, kommen kann und auch hier alles
zerstört! Somit waren sie, und auch ihre Kinder und Kindeskinder, und auch wir,
vor euch gerettet! Doch seit neuestem war eine Gruppe von Zauberwesen, die so
ähnlich ausschauen wie ihr, doch ganz anders sind als ihr, hier bei unserem
König! Dort haben sie erbettelt, dass ungefähr jedes Jahr ein paar solche
Menschen kommen, um etwas durchzumachen, bei uns, und dann da draus lernen, was
ich ja nicht glaube, mit dem Leben in ihrer Welt besser klarzukommen! Tja, und
da diese Wesen eine solche Überzeugungskraft hatten, gab unser König
schließlich nach und erlaubte es. Tja, und jetzt kommt ihr jedes Jahr, aber
gottseidank ohne etwas kaputtzumachen, hierher und nervt uns mit euren Fragen,
wie ihr zum Tor gelangen könnt!"
Als der kleine Vogel seine große Rede beendet hat, schauen wir uns an. Wir
wissen nicht, was wir sagen sollen! Alles stimmt eigentlich, was er gesagt hat!
Doch trotzdem breche ich nach einer Weile die Stille: "Tja, da hast du schon
recht, äh, wie heißt du eigentlich?"
"Was geht euch denn das an? Sagt mir lieber erstmal, wie ihr heißt!" befiehlt
der kleine Vogel.
Also stelle ich uns vor. "Also, ich bin Laura und das ist Chris. Und wenn du
uns deinen Namen nicht sagen willst, nennen wir dich eben einfach äh, Piepmatz,
oder so!"
Das ärgert ihn sichtlich. "PF! Piepmatz?! Ich habe einen viel schöneren Namen,
ich heiße Binki!"
"Aha, also Binki, du hast mit allem was du gesagt hast, recht! Ja doch, aber
nicht alle Menschen sind so böse!"
"Aha! Aha! Jetzt wollt ihr mir wieder weismachen, dass ihr die besten Menschen
unter allen seid! PH! Ich glaube euch kein Wort! Außerdem muss ich bald wieder
heim! Heute gibt es gebackene Würmer mit gehackten Raupenstückchen zu Mittag!
Hm! Mein Lieblingsessen!"
"Ja, du kannst sofort heimfliegen, wenn du uns nur den Weg zum Schloss zeigst,
Binki!"
"Ja, ICH weiß doch das nicht! Ich bin doch erst vor 2 Monden aus dem Ei
gekrochen! Aber, ich glaube, ich kenne jemanden, der es weiß! Und da ihr ja
nicht gerade unfreundlich seid, will ich gnädig sein und euch zu ihm hinführen!
Fliegt, äh stelzt mir nur nach!"
Also setzen wir uns in Bewegung. Der kleine Vogel kann noch nicht sehr gut,
also auch nicht gerade schnell fliegen, so dass wir einigermaßen im Tempo
mitkommen. Zuerst geht es über eine bunt mit Blumen bewachsene Wiese, dann über
ein Feld mit Rüben, auf dem ein paar kleine Häschen sitzen und sich die Rüben
gerecht teilen, und schließlich noch einen kleinen Hügel hinauf. Auf der Spitze
des Hügels angekommen, sagt Binki: "Also, wir sind da."
"Aber, da ist doch nichts!" sage ich.
"Nichts? Wie meint ihr das? Da oben, im Baum! Seht ihr das Loch? Da drin wohnt
Herr Nachtjäger!"
"Herr Nachtjäger? Ah, jetzt verstehe ich! Er ist eine Eule!"
"Ja! Natürlich ist Herr Nachtjäger eine Eule! Er wird zwar nicht gerade erfreut
darüber sein, dass ihr ihn mitten am Tag weckt, aber ich kenne leider sonst
niemanden, der den Weg zum Schloss so gut weiß, wie er! Er ist nämlich schon
sehr alt und erfahren! 10x12 Monde glaube ich, ist er alt! Nun, also dann, auf
Nimmerwiedersehen ihr MENSCHEN!"
"Tschüß, Binki! Und vielen Dank!" rufe ich ihm noch nach, als er sich schon in
die Lüfte hinaufschwingt und durch die Kronen der Bäume hinwegflattert.
Ich muss unwillkürlich über diesen süßen kleinen Vogel lächeln. Doch je eher wir
zum Schloss gelangen, desto eher sind wir auch wieder daheim! Wir rufen nun
zusammen zu dem kleinen Loch hoch oben in der alten Tanne hinauf: "Guten Tag,
Herr Nachtjäger, könnten sie uns helfen?"
Einige Zeit regt sich gar nichts. Als wir dann jedoch nochmals rufen, schaut
kurze Zeit später ein kleiner, graugefleckter Kopf aus dem Loch und fragt
ärgerlich: "Was wollt IHR denn? Und warum stört ihr mich ausgerechnet am
hellichten Tag? Wisst ihr nicht, dass ich schlafe?!"
"Entschuldigen Sie bitte, aber wir sind leider kein Nachttier, wie Sie,
sondern, äh, Tagmenschen, oder so! Wenn Sie uns nur bitte den Weg zum Schloss
des Tierkönigs erklären könnten?!"
"Aha! Wieder einmal solche..."
Ich unterbreche ihn: "Ja, das haben wir schon einmal von Binki gehört!"
"Binki? Ach, ihr habt also Binki getroffen! Ein anständiges Kerlchen! Leider
noch etwas schwach! Und er hat euch den Weg ausgerechnet zu MIR gezeigt?"
"Ja, einen anderen kannte er nicht!"
"Soso! Nun, dann will ich euch eben mal den Weg erklären. Also: Ihr nehmt den
Weg der Vögel, weil ich nur den kenne."
Ich unterbreche ihn erstaunt: "Den Weg der Vögel? Heißt das, es gibt für jede
Tierart einen anderen Weg?"
"Natürlich! Wie sollten denn zum Beispiel alle Wassertiere zum Schloss kommen,
ohne ein langes Rohr voll Wasser, das, von einem von allen Gewässern
zugänglichem See, direkt hinauf auf den Berg zum Schloss führt! Tja! Wir Tiere
sind nicht so dumm wie ihr!"
Um ihn nicht zu verstimmen, antworten wir darauf einfach nichts.
"Doch nun wieder zu eurem Problem: Ihr wollt zum Tor, stimmt's?"
"Äh, ja!"
"Hm, also, wie gesagt, ihr nehmt den Weg der Vögel. Schilder zeigen euch,
welcher der Richtige ist! Für die Vögel gibt es einen ganz normalen, aber Bäume
freien (damit wir besser fliegen können) Weg. Also, ihr verfolgt einfach diesen
Weg, bis ihr zu einem Baum, extra dafür, dass die Vögel durchkommen, kommt. Dort
müsst ihr euch (von einer Zauberin, die an allen Wegen extra für euch Menschen
da ist) in Vögel verwandeln lassen. Dann fliegt ihr in den Baum und nehmt den
linken Weg! Den linken! Denn der rechte führt euch in den Irrgarten, der
verhindern soll, dass vielleicht unwürdige Vögel (die den Weg natürlich nicht
erfahren), so einfach zum Schloss gelangen können. Dann diesen Weg entlang,
nochmal links und dann rechts! Könnt ihr euch das merken?"
"Hm, ich, ich glaube schon." stottere ich.
"Gut, also, dann kommt ihr wieder heraus aus dem Baum, werdet zurückverwandelt
und müsst nur noch den Berg nach oben. Am Fuße dieses Berges seht ihr (wieder
extra für euch Menschen, weil ihr ja nicht fliegen
könnt) eine Seilbahn. Ihr setzt euch in den kleinen Liftsessel und drückt auf
den roten Knopf. Sofort geht es nach oben. Wenn ihr angekommen seid, müsst ihr
nur noch den Weg geradeaus. Dann seid ihr da. Natürlich müsst ihr erst
reinkommen, aber, das weiß ich nicht, wie IHR da reinkommt! Bestimmt nicht so
leicht wie wir! Tja, also, da drüben seht ihr schon den ersten Wegweiser zum
Weg der Vögel. Ihr wisst ja nun den Weg. Guten Tag, ihr beiden!"
"Auf Wiedersehen, Herr Nachtjäger und Danke!" Und schon ist er wieder in seinem
Loch verschwunden.
Als wir alles verdaut haben, versuchen wir es erstmal in unserem Gedächtnis zu
speichern. Dann machen wir uns auf den Weg. Schilder mit einem aufgemalten
Vogel weisen uns den Weg. Schon sind wir auf einem steinigen, und kahlen Weg
angelangt. Wir können ein paar Möwen und auch ein paar Albatrosse über uns
hinwegfliegen sehen. Doch diese nehmen von uns überhaupt keine Notiz. Ich denke
über dem Laufen daran, dass auch wir bald Vögel sein werden - durch die Zauberin
beim Baum, wie Herr Nachtjäger sagte. So geht es immer weiter.
Bis wir irgendwann um eine Ecke biegen, und vor uns plötzlich eine Wiese, und
mitten auf dieser Wiese eine mächtige Eiche, erblicken. Daneben steht eine
kleine Hütte. Wahrscheinlich ist dort drin die Zauberin. Als wir anklopfen,
erklingt kurz darauf eine Stimme: "Kommt doch herein!"
Als wir die Hütte betreten, strömt uns ein komischer Gestank, der meiner
Meinung nach so ähnlich wie faule Bananen ist, schlagartig entgegen. Und -
unsere Nasen haben sich nicht geirrt: In einem kleinen Regal stehen allerlei
Gläser mit komischem, stinkenden Zeug darin. Nicht nur faule Bananen - auch
Kokusnüsse und
Melonen! Dann ist da auch noch manches, das wir überhaupt nicht erkennen
können, ohne auf...die Schildchen an den Gläsern zu schauen!! Mit einemmal
schwirren mir Wörter wie geräucherte Katzenkrallen, gesottene Eidechsenaugen,
gebrannte Fischschuppen, usw. durch den Kopf! Langsam wird mir übel.
Plötzlich tritt eine Gestalt hinter einem blauen Vorhang hervor. Die Zauberin.
"Hallo, Laura und Chris! Na, ihr seid ja ziemlich schnell hier angekommen!
Andere brauchen länger!"
"Was?" frage ich verwirrt.
"Na, ich bin Mitglied in dem Verein, der nur aus "alten Leuten" besteht!"
"Aha! Also Sie sind so eine, die hilflose Leute einfach so in gefährliche
Abenteuer hineinzieht! Mit Ihnen wollte ich schon lange mal reden, also: Sie
sind"
"Halt, halt, halt! Erstens sind diese "hilflosen" Leute auch daran beteiligt,
weil sie ja unbedingt das Serum haben mussten! Und zweitens werden sie nachher
ja auch belohnt! Das werdet ihr noch merken! Dann redet ihr bestimmt nicht mehr
so über uns! Aber naja. Das haben ja vorher auch alle anderen gemacht. Aber
nachher...Naja. So, jetzt kannst du weiterreden." Sie schaut mich
erwartungsvoll an. Doch ich weiß auf einmal nicht mehr was ich sagen soll!
Chris hilft mir. "Also, was wir wollen..."
"Ich weiß! Ihr wollt in Vögel verwandelt werden! Hm, äh...wartet bitte..." Und
sie geht zu dem Regal und zieht ein paar Gläser heraus, bei denen ich
gottseidank die Schildchen nicht lesen kann. Dann wirft sie ein paar Zutaten in
einen großen Kessel und verrührt das Ganze. Danach geht sie zu einem kleinen
Schrank, holt dort zwei Tassen heraus und macht sie mit ihrem komischen Gebräu
voll. Jetzt kommt sie
wieder zurück zu uns. "So, nun trinkt das."
Sie hält uns die zwei Tassen hin. Die Flüssigkeit darin schimmert schwefelig
gelb. Uns ist etwas mulmig, aber wir trinken die zwei Tassen aus. Es schmeckt
irgendwie nach...Gemüsesuppe?!
Als wir getrunken haben, sagt sie: "Gut! Nun stellt euch hier hin."
Und wir stellen uns auf einen komischen Kreis im Fußboden. Sie hebt die Hände.
Jetzt fängt sie an:
"Oh, gute Macht, oh, großer Zauber ohne Pegel, verwandle diese zwei in VÖGEL!"
Uns wird ganz komisch zumute. Wir merken, dass wir schrumpfen und ohne darüber
nachdenken zu können, wie wir uns fühlen, sind wir schon, schwuppdiwup, ganz
klein. Die vielen Gegenstände im Raum sehen jetzt riesig aus! Und erst die
Zauberin! Ich will auf meine Arme schauen, doch statt Armen sehe ich
braungescheckte Flügel! Und Chris! Er hat auf einmal eine graue Musterung am
ganzen Kör...äh, Vogelkörper! Und natürlich auch Flügel und einen Schnabel, so
wie ich auch. Wir sind eben wirklich Vögel!
Auf einmal sagt die Zauberin: "Tja, nun habe ich meine Arbeit getan! Jetzt
könnt ihr in den Baum der Vögel fliegen! Auf der anderen Seite erwartet euch
meine Freundin, um euch zurückzuverwandeln. Also, Tschüß, ihr beiden, und viel
Glück noch!"
Ich will auch etwas sagen. Ich versuche es und es geht! Jedoch klingt meine
Stimme etwas piepsig: "Tschüß, Zauberin. Und Danke!"
Jetzt breiten wir unsere Flügel aus und flattern damit. Zuerst kommen wir
überhaupt nicht hoch. Dann nach einem langen Anlauf ein Stückchen. Doch vom
Boden aus kommen wir einfach nicht in die
Luft. Die Zauberin bemerkt es und hebt uns auf. Mit einem Lächeln sagt sie:
"Ihr müsst noch etwas üben." Dann hebt sie uns hoch. Jetzt versuchen wir es
wieder, hochzukommen und - es klappt! Auf einmal schweben wir in der Luft. Es
ist ein wunderbares Gefühl! Man fühlt sich so leicht! Oh! Ich hätte fast
vergessen, mit den Flügeln zu schlagen! Gerade noch fällt es mir ein. So
entfernen wir uns langsam von der Hütte und fliegen auf das Loch im Baum zu.
Dort ruhen wir uns erst einmal kurz aus. Später fliegen wir den langen Gang im
Inneren des Baumes entlang, bis eine Abzweigung kommt. Rechts führt der Weg in
den Irrgarten, wie Herr Nachtjäger sagte. Also biegen wir links ab. Wir fliegen
den Gang entlang und biegen dann wieder links ab. Später dann rechts. Nun geht
es wieder einen langen Gang entlang, bis in der Ferne endlich Licht auftaucht,
das sich dann zu einem Loch vergrößert. Erleichterung breitet sich aus. Wir
fliegen heraus in den hellen Sonnenschein auf einen Baum und genießen unsere
letzten Minuten als Vögel, denn so etwas erlebt man ja nicht alle Tage! Später
fliegen wir nach unten, auf die Hütte zu. Wir piepsen ein paar mal und schon
geht die Tür auf. Wir fliegen in die Hütte und landen...äh,
landen...PIIIIIIIEPS! Mit einem Plumps genau in dem großen Kochkessel, der voll
Wasser ist. Wir sinken nach unten. Ich schlage wild mit den Flügeln (was
natürlich im Wasser nichts nützt) und lasse somit mein letztes Bläschen Luft
aus meiner Kehle.
Gerade als mir schwarz vor den Augen zu werden droht, greift die große Hand der
Zauberin ins Wasser und fischt uns heraus. Endlich wieder Luft! Wie tot liegen
wir auf der Hand der Zauberin, so erschöpft sind wir. Die Zauberin trägt uns
auf den Tisch und holt ein kleines Tuch, um uns abzutrocknen. Als einige Zeit
später unser Vogelhirn endlich versteht, was überhaupt passiert ist, will ich
der Zauberin danken, doch aus meinem Schnabel kommen zunächst nur ein paar
Wassertropfen, bis ich wieder sprechen kann. "Oh, Zauberin, Sie haben uns
gerettet. Vielen Dank!"
Die Zauberin lächelt. "Tja, das musste ich. DIESE Gefahr war nicht voraus zu
sehen!"
Dann lässt sie uns einige Zeit "trocknen". Später mixt sie ihr Gebräu und
schwuppdiwupp sind wir wieder groß. Und meine Arme sind auch wieder da! Es ist
ein ganz gutes Gefühl, wieder auf festen Beinen zu stehen, und nicht mehr auf
diesen wackeligen, dünnen Stelzen! Wir danken der Zauberin nochmals,
verabschieden uns und gehen hinaus. Etwa hundert Meter vor uns sehen wir den
Fuß des Berges. Davor die Seilbahn, wie Herr Nachtjäger sagte.
Ich sage zu Chris: "So, das hätten wir auch wieder geschafft! Jetzt geht es
hoffentlich einigermaßen "normal" weiter!" Meine Hoffnung sollte nicht in
Erfüllung gehen.
Übereinstimmungen mit wahren Handlungen oder lebenden Personen ist unbeabsichtigt, rein zufällig und auch extrem unwahrscheinlich!