Das geheimnisvolle Serum
Fantasy Abenteuer-Roman von Janis Purucker
Angefangen 1993 im Alter von 10 Jahren, fertiggestellt am 13.Mai 1995 mit 12 Jahren
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Kapitel 8
Nach einer Weile immer tieferen Hinabsteigens kann ich in der Ferne einen
kleinen Lichtpunkt erkennen. Wir laufen darauf zu.
Plötzlich sagt Chris: "Da vorne! Schau... Ja! Ich glaube wir haben es bald
geschafft! Endlich!"
Inzwischen ist aus dem kleinen Lichtpunkt eine Höhlenöffnung geworden. Und da!
"WOW! Chris, das ist ja ein Gebirge! Schau mal, dort oben, die Berge!"
"Ja! Aber was für ein Gebirge?"
"Vielleicht sind wir doch in Deutschland! Denn dann sind das die Alpen!"
"Ja, da könntest du recht haben! Aber was meinte der Fisch mit DIMENSION?"
"Tja, vielleicht Deutschland, bloß in einer anderen Dimension! Einer Dimension,
die nur für uns so komisch gemacht worden ist, damit wir etwas lernen und wenn
wir es geschafft haben, dann mit dem Leben leichter klarkommen!" meine ich.
"Hm, ja gut, aber was sollen wir jetzt hier? Schau mal im Buch nach!" schlägt
Chris vor.
Und ich tue es. Ich schlage die nächste Seite im Buch (die jetzt komischerweise
beschrieben ist) auf und lese vor: "Wenn ihr dann unten angekommen seid,
vermischt etwas Kies mit dem Serum, tragt ein bisschen davon auf euren Körper
auf und sprecht das Wort "TRAUMINSEL" laut aus."
"Und mehr steht nicht drin?" fragt mich Chris.
"Nein. Wahrscheinlich steht erst wieder etwas drin, wenn wir auf dieser
Trauminsel sind."
"Also komm, vermischen wir ein bisschen Kies mit dem Serum."
Gesagt - getan. Langsam erfasst uns ein komisches Gefühl und uns wird (wie beim
ersten Mal) schwarz vor den Augen.
Ich erwache durch eine helle und schöne Stimme. Ich schlage meine Augen auf und
sehe das Gesicht einer schönen, braungebrannten Frau mit schwarzen Haaren über
mich gebeugt. Ich setze mich auf und sehe mich nach Chris um. Doch...Er ist
nicht da! Auch das Serum und das Buch fehlen! Auch der Rest Orangensaft! Mich
befällt schreckliche Angst.
Ich frage die Frau mit den schwarzen Haaren ängstlich: "Was ist passiiert? Wo
ist Chris? Und wo sind unsere Sachen?"
Die Frau redet irgendwas in einer Sprache, die halb chinesisch, halb koreanisch
klingt. Ich kenne mich nicht mehr aus. Die Frau hilft mir auf. Anscheinend bin
ich auf einer Insel. Vor mir ist das Meer, hinter mir ein kleiner Wald aus
Palmen. Plötzlich zieht die Frau an meinem Arm. Sie hat es anscheinend eilig.
Also lasse ich mich mitziehen. Sie führt mich durch den Wald aus Palmen und
dahinter...WOW! Ein atemberaubender Dschungel liegt vor uns. Doch die Frau lässt
mir keine Zeit, um mir dieses Paradies näher anzuschauen. Sie zieht mich
weiter. Ungefähr eine Stunde lang laufen wir durch dieses Paradies. Ich höre
die Schreie der Affen, die in den Bäumen herumturnen, die Rufe der Vögel, die
über uns kreisen und in weiter Ferne sehe ich sogar einen Koalabär, der, als
wir näherkommen, schnell einen Baum hinaufklettert und schnell in dem grünen
Blätterwerk verschwunden ist. Es ist einfach wunderschön.
Doch plötzlich hören wir ein markerschütterndes Brüllen, wie von einem Tiger.
Mir sträuben sich die Haare und ein eiskalter Schauer läuft mir den Rücken
hinunter. Auch die Frau hat es anscheinend gehört, sie zieht mich schneller.
Als wir um eine von Büschen gesäumte Biegung laufen, sehe
ich auf einmal ein paar aus Stroh gebaute Hütten. Und dahinter tauchen weitere
Hütten auf. Jetzt kann ich Trommelschläge und komischen Gesang vernehmen. Je
näher wir den Hütten kommen, desto lauter werden die Geräusche. Und plötzlich,
als wir um eine weitere Hütte biegen, sehe ich mindestens 50 braungebrannte
Menschen um ein Lagerfeuer sitzen und tanzen.
Ein paar trommeln mit den Händen auf Tierfelltrommeln, ein paar andere singen.
"EINGEBORENE!" schießt es mir durch den Kopf. "WAHRSCHEINLICH IST DAS MÄDCHEN
AUCH EINE VON IHNEN! SIE HAT MICH HIERHERGEFÜHRT, DAMIT DER HÄUPTLING DES
DORFES ENTSCHEIDEN KANN, WAS MIT MIR PASSIERT! OH LIEBER GOTT HILF MIR!"
Jetzt sehe ich auch den Häuptling. Er sitzt auf einem Thron aus Knochen und
Holz. Er hat eine kleine Hose aus Blättern an und eine Kette aus Elfenbein um
seinen Hals hängen. Sonst sieht er schrecklich hässlich aus. Das Mädchen führt
mich tatsächlich zum Häuptling. Dann schreit sie irgendetwas laut in die Runde
und alle sind sofort still. Sie wendet sich zum Häuptling, kniet kurz nieder,
redet irgendwas mit ihm und zeigt dabei auf mich. Mir wird ganz mulmig zumute.
Plötzlich, als das Mädchen fertig ist, sagt der Häuptling irgendwas zu den
Männern die neben ihm stehen. Sie laufen sofort in irgendeine Richtung davon
und kommen kurz darauf mit einem jüngeren Mann, der viel schöner aussieht als
der Häuptling, wieder. Er setzt sich neben den Häuptling. Anscheinend ist er
dessen Sohn. Der Häuptling wechselt ein paar Worte mit ihm. Plötzlich (ich
traue meinen Ohren nicht) fängt der Sohn doch tatsächlich an, mit mir zu reden!
"Was wollen Sie hier?" fragt er mich in gebrochenem Englisch.
"Iich weeiiß ees aauch niiicht soo riichtiiig." antworte ich ihm stotternd.
Er fragt mich : "Diese Frau hat uns erzählt, sie hätte Sie am Strand gefunden,
stimmt das?"
"Ja." antworte ich, nun doch etwas mutiger. "Ja, ich bin am Strand aufgewacht."
"Wie sind Sie dann hierhergekommen?"
Dann erzähle ich ihm meine Geschichte. Er hört mir ungläubig zu. Dann wechselt
er wieder ein paar Worte mit seinem Vater. Danach sagt er zu mir: "Mein Vater
hat ein festes Urteil über dich getroffen. Weil Sie gelogen haben."
Ich unterbreche ihn schlagartig: "Ich habe nicht gelogen! Oder wie denken Sie
wie ich her gekommen bin?"
Er redet wieder ein paar Worte mit seinem Vater. Dann redet er weiter:
"Wahrscheinlich, (wir haben Sie durchschaut!) sind Sie eine Spionin der
Alptrauminsel. Sie führt schon jahrelang Krieg gegen uns. Und jetzt schicken
sie auch noch eine Spionin her mit einem Schiff, legen sie an den Strand und
fahren wieder weg! Und Sie sollen dann so tun, als wüssten Sie von nichts, außer
von einem Märchen! War es nicht so?"
Ich schreie: "NEIN! SO WAR ES ÜBERHAUPT NICHT! UND DAS, DAS ICH ERZÄHLT HABE,
WAR KEIN MÄRCHEN! SONDERN DIE WAHRHEIT! ICH KENNE DIESE ALPTRAUMINSEL GAR
NICHT! SOLLEN SIE SICH DOCH GEGENSEITIG DIE KÖPFE EINHAUEN, ICH HABE NICHTS
DAMIT ZU TUN!"
Alle Leute aus dem Dorf schauen mich komisch von der Seite an und tuscheln
miteinander. Wahrscheinlich (obwohl sie sie nicht verstanden hatten) waren sie
beeindruckt von meiner Rede. Der Häuptling und sein Sohn reden heftig
miteinander. Plötzlich sagt sein Sohn streng zu mir: "Unser ältester und
schlechtester Zauberer im Dorf braucht eine Frau. Er ist bestimmt
mit Ihnen zufrieden. Denn auch wenn Sie vielleicht eine Spionin sind, schön
sind Sie trotzdem."
Seine Worte gellen mir in den Ohren. ZAUBERER? FRAU? ZUFRIEDEN? VIELLEICHT
SPIONIN? TROTZDEM SCHÖN? Mir wird es schwindlig.
"Ich will keine Frau eines solchen Mannes werden. Ich... Ich beschwere mi...
mich bei bei der Amerikanischen Botschaft!!!"
Doch er versteht mich nicht. Er winkt mit der Hand den Wachen. Sie kommen auf
mich zu, packen mich und zerren mich fort! So sehr ich mich auch wehre, ich
komme nicht gegen sie an.
Dem Häuptling schreie ich noch nach: "Sie hässliches, altes Mannsbild, Sie! Das
wird ein Nachspiel haben! Ich werde mich RÄÄÄÄÄCHEEEEN!"
Die Wachen zerren mich auf eine Hütte mit vergitterten Fenstern zu. Sie machen
die Tür auf, schubsen mich hinein und sperren die Tür wieder zu. Ich werfe mich
auf das schmutzige Bett das dort steht und starre mit tränenerfüllten Augen zur
Decke.
Plötzlich höre ich etwas rascheln. Ich setze mich auf und schreie: "AAAAH! EINE
RATTE! PFUI! GEHST DU WEG!"
Ich stelle mich an das vergitterte Fenster und spähe hinaus. Ich kann die
nächste Hütte sehen. Auch mit vergitterten Fenstern. Wahrscheinlich sitzt da
auch so ein Armer, wie ich jetzt drin. Ich seufze tief. Doch plötzlich, als ich
mich wieder auf das Bett setzen will, höre ich von draußen eine Stimme: "Laura?
Bist du das?" ruft sie leise.
"Diese Stimme! Das ist doch, das ist doch... Chris! Chris, bist du da draußen?"
"Nein, ich bin leider auch eingesperrt! In der nächsten Hütte! Komm noch mal
schnell ans Fenster!"
Ich schlurfe zum Fenster und schaue hinüber zur Hütte. Und -
tatsächlich! Ich sehe hinter dem vergitterten Fenster Chris` Gesicht! Ich
erzähle ihm, wie ich hergekommen bin und er erzählt mir, wie er hergekommen
ist. Seine Geschichte ist fast die gleiche wie meine! Ich überlege. Dann suche
ich in dem kleinen Gefängnisraum irgendetwas, das uns behilflich sein könnte.
Aber alles was ich finde, ist ein altes Seil, das unter dem Bett liegt. Ich
erzähle Chris meinen Fund.
Er sagt nachdenklich: "Was könnten wir damit bloß machen?" Doch ihm fällt
nichts ein.
Auch mir nicht. Deshalb sage ich nach einiger Zeit zu ihm: "Was hast du
eigentlich gedacht, als du neben mir am Strand aufgewacht bist? War das Serum
usw. noch da?"
"Nein. Ich war eigentlich ganz verwirrt. Und da sind zwei Männer gekommen,
haben mir den Mund zugebunden (weil sie wahrscheinlich nicht wollten, dass ich
dich aufwecke) und haben mich fortgezerrt. Tja und dann, naja, das weißt du ja
schon von dir."
Plötzlich sage ich: "Hey, aber weißt du was? Irgendwann muss ja jemand kommen
und uns etwas zu Essen bringen. Und da..." Ich erzähle ihm meinen Plan.
"Meinst du, du bist kräftig genug?" fragt mich Chris, als ich ihm alles erzählt
habe, mit schiefem Kopf.
Ich rufe beleidigt zurück: "So kräftig wie du allemal!"
Dann ist er ruhig. Ich lege mich auf das Bett und warte. Manchmal stehe ich auf
und laufe in dem kleinen, engen Raum herum, nur um meine Füße etwas zu bewegen.
Irgendwas ist trotzdem um mich herum seltsam. Ich schaue hinaus. Plötzlich
fällt es mir ein: Die Zeit! Es sind doch jetzt höchstens zwei Stunden
vergangen, (auch wenn es mir wie eine Ewigkeit vorgekommen ist) seitdem ich
hier eingesperrt bin! Da stand die Sonne noch hoch am Himmel. Es war
wahrscheinlich mittags. Und jetzt, jetzt wird es schon dunkel! "Wahrscheinlich
ist das so, in dieser DIMENSION!" schießt es mir durch den Kopf.
Ich lege mich wieder auf das Bett. Mein Magen knurrt. Wann kommt bloß endlich
jemand! Plötzlich höre ich Schritte näher kommen. ENDLICH! Ich verstecke das
Seil schnell hinter meinem Rücken. Da geht die Tür auf und ein Eingeborener
kommt mit einem Tablett, auf dem ein komischer Teller aus Holz, darin eine
unappetitliche Speise und ein Becher mit Wasser stehen. In dem Moment, als er
sich bückt und das Tablett auf das Bett stellen will, falle ich mit dem Seil
über ihn her. Wir kämpfen ungefähr zwei Minuten, doch mit dem Seil und meiner
Kampftechnik (die ich in Philadelphia auf der Judoschule gelernt habe) bin ich
stärker. Ich schaffe es, ihm Hände und Füße zusammenzubinden, und ihn so auf
das Bett zu legen. Dann hebe ich den heruntergefallenen Gefängnisschlüssel auf,
schaue mich um, ob mich jemand gesehen hat und renne dann schnell zu Chris`
Hütte. Als ich aufgesperrt habe, umarmt mich Chris schnell und wir rennen
davon. Mitten in den Urwald.
Als wir das Dorf hinter uns gelassen haben, versuchen wir, irgendwo eine
trockene Stelle zu finden, wo wir übernachten können. Endlich finden wir unter
dem dichten Blätterwerk einer Mangrove eine zwar nicht ganz trockene, aber
schöne Stelle zum Übernachten. Wir setzen uns hin. Nach einer Weile sage ich
besorgt zu Chris: "Die Eingeborenen haben bestimmt schon bemerkt, dass wir
getürmt sind. Sie werden uns suchen! Sie kennen
sich hier bestimmt viel besser aus als wir! Sie werden uns finden! Und dann...
Ich will es mir gar nicht ausdenken, was dann mit uns passiert! Oh, was machen
wir bloß?"
Chris schaut mich nachdenklich von der Seite an und meint: "Ich verstehe das
trotzdem nicht!"
"Was denn?" frage ich ihn.
"Na, schau mal: Wir waren doch (wenn ich mich recht erinnere) in den Alpen, am
Strand. Dann haben wir "TRAUMINSEL" gesagt. Und dann sind wir hierhergekommen,
mitgenommen und eingesperrt worden! Von wegen, die GANZE DIMENSION weiß es, dass
wir hier sind!"
"Vielleicht ist das hier die Dimension gar nicht mehr! Vielleicht nur
irgendeine Insel mit Eingeborenen die von nichts wissen! Man wollte einfach
ausprobieren, ob wir auch hier, ohne Tips und Anhaltspunkte wieder
herauskommen! Und das werden und MÜSSEN wir auch schaffen! Irgendwie kommen wir
hier schon weg! Wir müssen einfach nur das Buch und das Serum finden! Im Buch
steht bestimmt was wir machen sollen!"
"Hah, NUR! Das ist nicht so einfach wie du dir das denkst! Außerdem brauchen
wir auch etwas zu Essen und zu Trinken, lässt mich mein Körper gerade merken!
Ich bin wie ausgetrocknet!"
"Ach ja, ich spüre es auch! Komm wir merken uns diese Stelle und suchen erstmal
eine Quelle oder sowas. Vielleicht finden wir auch eine Bananenstaude! Wir
müssen bloß aufpassen, dass wir nicht von den Eingeborenen entdeckt werden! Also
LEISE!" Und wir schleichen davon. Ich komme mir wie ein Indianer vor, der sich
an seine Beute heranschleicht. Wir zwängen uns durch Felsen, die einfach so in
der Landschaft herumliegen, wir kämpfen uns
durch fast undurchdringliche Dickichte usw. Bald sehen wir so zerkratzt und
zerschunden aus, wie nach einem harten Kampf. Wir haben immer noch nichts
gefunden! Endlich setzen wir uns erschöpft auf den feuchten Urwaldboden. Doch
als ich mich hinsetzen will, merke ich, wie der Boden nachgibt. Deshalb springe
ich schreiend auf. Nicht zu spät! Der Boden stürzt ein und Chris steht auch
schnell auf und stellt sich schützend vor mich. Als alles vorbei ist, sage ich
zu ihm: "Hey, ich soll dich beschützen, nicht du mich!"
Chris sagt gar nichts. Er starrt nur auf das Loch. Ich wage mich langsam heran
und schaue hinunter. Es ist dunkel.
Plötzlich sagt Chris: "Geh lieber nicht so weit ran, sonst brichst du ein!"
Ich drehe mich um und schaue ihn verständnislos an. "Aber wir gehen doch da
sowieso rein! Zu tief ist das nun auch nicht!"
"Was? Spinnst du? Ich gehe da nie runter, am Ende sind da nochmal Eingeborene,
nehmen uns wieder gefangen und rösten uns nach ein paar Tagen! Nein, Nein!"
"Oh, Chris!" fahre ich ihn an, "es gehört bestimmt zu unseren Aufgaben auf
dieser Insel, das zu entdecken, weil da unten wahrscheinlich was wichtiges zu
finden ist! Vielleicht finden wir da unten das Buch und das Serum! Vielleicht
gibt's da auch Wasser!"
Chris seufzt. "Na gut, aber du gehst voran, und wenn uns was passiert, bist du
schuld und hilfst uns auch wieder heraus!"
"Naja, gut, wenn ich es kann." antworte ich.
Chris schaut mich ungläubig an und zieht die Augenbrauen hoch. Dann gehe ich
langsam zu dem Loch und lasse mich vorsichtig hinunter. Drinnen ist es schön
kühl. Ich rufe zu Chris hinauf: "Komm jetzt, ich helfe dir!"
Als wir beide drunten stehen, sehen wir uns um. Man kann nur in eine Richtung
weiterlaufen: nach Norden. Wir laufen vorsichtig dort hin, ich voran, Chris
dicht hinter mir. Je weiter wir in die Höhle hinein laufen, desto dunkler wird
es auch. Bald sieht man nicht mal mehr die Hand vor Augen.
Chris sagt ängstlich: "Kehren wir lieber wieder um, man sieht ja eh nichts
mehr!"
Ich sage gar nichts, sondern laufe weiter. Plötzlich hören wir in der Ferne
etwas, das irgendwie wie das Rauschen von Wasser klingt. Ich bleibe stehen und
horche angestrengt. JA! "Chris! Ich glaube ich höre Wasser rauschen!" sage ich
zu ihm.
"Ja, ich auch!"
Wir laufen darauf zu. Plötzlich sehen wir ein wirklich berauschendes Bild. Es
ist mittlerweile wieder heller geworden, nicht viel, aber gerade soviel, dass
man das sieht, was jetzt vor uns liegt - oder eher rauscht! Im Hintergrund
versperren Felsen den weiteren Weg. Und von diesen Felsen stürzt ein wirklich
berauschender Wasserfall! Mindestens 25 Meter stürzen die Wassermassen den
Felsen hinunter und unten kommen sie in einer großen Vertiefung der Steine auf,
wirbeln herum und fließen irgendwo, wahrscheinlich durch ein unteres Loch,
wieder ab. Eine zeitlang bleiben wir starr stehen und können gar nichts sagen.
Doch nach einer Weile, als sich unser Blick an dieses wunderschöne Bild gewöhnt
hat, breche ich das Schweigen: "Wunderschön, nicht wahr?" frage ich Chris mit
verträumter Stimme.
Doch als mir Chris antwortet, ist seine Stimme so komisch, so erwartungsvoll,
als würde gleich etwas passieren: "Ja, so klar und rein...!"
Und noch ehe ich ihn zurückhalten kann, rennt er zum Ufer und springt mit einem
Riesensatz in die Ströme.
Ich kann nur noch schreien: "HALT DICH AN DEM AST DORT FEST, SONST WIRST DU
WEGGESPÜLT! SCHNELL!!!"
Doch Chris hört nicht, er schwimmt kurz herum, dreht sich um und ruft zurück:
"Nein, jetzt habe ich Wasser genug, da gehe ich so bald nicht mehr heraus!"
Doch plötzlich sieht auch er die Gefahr: Die Stromschnellen! Er treibt auf sie
zu! Schnell will er sich an dem Ast, der dort ins Wasser hängt, noch
festhalten, doch - es ist zu spät! "CHRIS! SCHWIMM UM DEIN LEBEN! SCHNELLER!"
Doch die Stromschnellen sind stärker als Chris, sie reißen ihn mit sich fort.
Ich kann nur zusehen, wie Chris versucht, sich über Wasser zu halten, es
gelingt ihm zwar, aber er kommt nicht heraus. Jetzt wird er auf den Grund
gezogen und ist verschwunden - wahrscheinlich durch das Loch.
Ich bete: "Oh, lieber Gott, lass ihn nicht ertrinken!" Ich weine und weine.
Hoffentlich findet er etwas, woran er sich festhalten und herausklettern kann!
Meine Nerven gehen mit mir durch. Mir wird schwindlig und ich sinke zusammen.
Übereinstimmungen mit wahren Handlungen oder lebenden Personen ist unbeabsichtigt, rein zufällig und auch extrem unwahrscheinlich!