Hungry: "Ich wollte essen. Aber ich wollte auch in der Vogue sein."Crystal Renn
Taschenbuch
Während sich inzwischen die Kleiderständer für Prêt-à-porter-Mode unter dem Gewicht voluminöser X X X L-plus-Konfektion biegen, staksen noch immer spindeldürre Frauen notdürftig verhüllt in extravaganten 00-minus-Fähnchen über die Catwalks der Haut-Couture. Allzu schnell verhallt ist der Aufschrei des Entsetzens, den an Bilder aus dem K Z erinnernde riesige Plakate des Benetton-Schockwerbefotografen Oliviero Toscani in den Straßen von Rom und Mailand auslösten, weil sie einen zum Skelett abgemagerten Körper eines nackten Models zeigten. Und als nicht viel mehr als Lippenbekenntnisse erwiesen sich die Besserungsschwüre, mit denen die Branche den Hungertod von Top-Models wie Hila Elmalich, den Geschwistern Ramos oder Ana Carolina Reston quittierten. Dass Crystal Renn nicht dasselbe Schicksal ereilte, hat sie einzig und allein der an ein Wunder grenzenden Widerspenstigkeit ihres Körpers zu verdanken. Bis auf 48 Kilogramm hatte ihn das 1, 75 große Model bereits in einem beispiellosen Kraftakt aus Selbstkasteiung und Selbstzerstörung ausgemergelt, ehe er den Gehorsam verweigerte und zulegte statt abnahm. Um nicht zu sterben, blieb Renn also gar keine Wahl, als zur Besinnung zu kommen. Und so trat sie schließlich den Beweis an, dass das Plus-Size-Modeln - die Rede ist von Konfektionsgrößen um die 42 wohlgemerkt! - nicht zwangsläufig nur etwas für Frauen im reiferen Alter sein muss. In ihrem Buch mit dem bezeichnenden Titel Hungry, das nun auch in deutscher Übersetzung vorliegt, erzählt Crystal Renn die bewegende Geschichte eines 14-jährigen Mädchens aus der Provinz in Mississippi, das auszog, um so berühmt wie Gisele Bündchen zu werden. " Ich will, dass sich Frauen endlich bewusst werden, was sie ihrem Körper antun, wenn sie ihn so sehr hassen und mit Hunger malträtieren, wie ich es getan habe", sagte die heute 22-Jährige anlässlich der Buchpräsentation. " Ich war magersüchtig. Ich war in der Hölle. Jetzt esse ich, was ich will, und bin trotzdem Model. " Zugleich ein aufschlussreicher Insider-Bericht und Munition für Politiker vom Schlage einer Valérie Boyer, die sich unermüdlich für ein europäisches Gesetz gegen die " Anstiftung zur Magersucht" stark macht, oder für Modedesigner wie Jean-Paul Gaultier, der als einer der Wenigen auch Frauen mit weiblichen Rundungen eine berufliche Chance gibt. - Franz Klotz
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