Harlans EndspurtTaschenbuch
" Endete dieser Wettlauf denn nie? Aber so war nun einmal Geschichte - jahrtausendelang, seit Menschengedenken: Ein Querfeldeinlauf auf der ewigen Flucht vor der Hölle. " < I> Harlans Endspurt ist weitaus mehr als nur die Fortsetzung jener bitter-süßen Lovestory < I> Der Langstreckenläufer, mit der Patricia Nell Warren einen Klassiker der schwulen Literatur landen konnte. Hatte sie dort das gesellschaftspolitische Klima der 1970er-Jahre eingefangen, so sind es jetzt die 80er Jahre, die Warren ins Visier genommen hat. Harlan Brown ist jetzt in die Jahre gekommen und blickt zurück, und dies durchaus im Zorn. Es ist kein versöhnliches Buch, sondern bestimmt von einem großen Schmerz, der sich auf mehreren Handlungsebenen äußert und dadurch geschickt zur Chronik dieser Dekade wird. < P> Harlan vertritt eine Generation, in der Homosexualität noch mit Schuld und Schande besetzt war. In der Auseinandersetzung mit jüngeren Schwulen muss er allmählich erkennen, wie sehr er selbst noch in den homophoben Fangstricken gefangen ist, die ihn zu Selbsthass und Verleugnung treiben. Aus dieser Perspektive betrachtet, ist der Roman vor allem eine endgültige Befreiung aus diesen Fesseln. Die ewige Flucht hat für ihn ein Ende. Doch stellt sich dies nicht als Sieg dar, denn groß sind die Opfer auf diesem Weg. In diesem Sinne erzählt der Roman die Geschichte der Aids-Krise. Wie durch ein Wunder bleibt Harlan Überlebender, als ob seine Aufgabe darin bestünde, die Trauer einer ganzen Ära ausdrücken zu müssen. Was vordergründig als Kriminalhandlung funktioniert (die tatsächliche lebensbedrohende Verfolgung durch einen Wahnsinnigen) wird zum Symbol eines Wettlaufs mit der Zeit, den viele verlieren werden. < P> Doch jenseits dieser Übertragung vom individuellen Schicksal ins umfassend Gesellschaftliche bleibt der Roman doch auch wie sein Vorläufer eine große Liebesgeschichte zwischen zwei Menschen, die sich gegen all jene Widrigkeiten zur Wehr zu setzen wissen und eine Liebe leben, die buchstäblich zwischen animalischer Geilheit und brachialer Gewalt oszilliert. Aus der Schilderung dieser bis zur Selbstzerstörung reichenden Liebe gewinnt der Roman sein stärkstes Spannungsmoment und macht ihn zu einer im doppelten Sinn rasenden Erzählung. < I>-R J Poole
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