Hundezeiten: Heimkehr in ein fremdes LandIlija Trojanow
Gebundene Ausgabe
Als Ilija Trojanow nach fast zwanzigjährigem Aufenthalt im Westen Europas nach Bulgarien zurückkehrt, ist er entsetzt über die Veränderungen, die in seiner Heimat vonstatten gingen. Mittlerweile zum gutsituierten Geschäftsmann mit westlicher Erfahrung gereift, besucht er Bulgarien nach den Umstürzen des turbulenten Jahres 1989 und wird Zeuge verheerender Zustände. < P> Denn nachdem er nun jedes Jahr seit dem Umbruch einige Monate in dem Land, das er bis 1972 noch sein Vaterland nannte, verbrachte, bemerkt er die weitreichende Armut und den Verfall. Eines hat die "kleine" Revolution nämlich nicht gebracht: den Wohlstand. Die Reichen des Landes sind immer noch die Reichen und "die Letzten von damals sind heute die Allerletzten". Nach diesem Resümee am Ende des ersten Kapitels wird der Leser sofort auf dieses Sachbuch eingestimmt: ein Land am Rande Europas und am Rande des europäischen Lebensstandards, das mit wirtschaftlichen und finanziellen Problemen zu kämpfen hat. < P> Der zunächst etwas merkwürdig anmutende Titel steht nach der Erläuterung durch den Autor durchaus in Zusammenhang mit dem Thema der Veröffentlichung. In den Jahren nach '89 schafften sich zahlreiche Bulgaren in den Städten Hunde an, motiviert durch das westliche Fernsehen, in dem glückliche Menschen glückliche Hunde spazierenführen und die Tatsache, daß die Zahl der Gewalttaten in den ungesicherten Plattenbauten der kommunistischen Zeiten nach dem Umschwung drastisch zunahm. Doch nachdem sich die Situation und die Lebensbedingungen derart drastisch verschlechterten und sich niemand mehr ein Tier leisten konnte, wurden sie einfach sich selbst überlassen, taten sich in Rudeln zusammen und wurden zu einer lebenden Bedrohung und Plage für die Bevölkerung. < P> Seit diesen Jahren herrschen in Bulgarien eben " Hundezeiten". Dieses spannende und schwer kategorisierbare Buch vermittelt dem in " Luxus" lebenden Leser ein Bild eines unserer nächstgelegenen Nachbarländer, in dem Zustände herrschen, mit denen wir nicht in unseren kühnsten Träumen gerechnet hätten. In diesen Zeiten müssen sich Rentner überlegen, ob sie ihr weniges Geld für Heizung oder Nahrung ausgeben, sich also zwischen Erfrieren oder Verhungern entscheiden. Die Ziffer der Einwohner Bulgariens sinkt seit Jahren rapide, was zum einen mit enorm hohen Flüchtlings- und Auswandererzahlen zu tun hat, aber auch mit den zahlreichen Todesfällen, die sich zum einen auf Suizide und zum anderen auf frühen Tod aufgrund der miserablen Lebensumstände zurückführen lassen. < P> Aber nicht nur negative Eindrücke hinterläßt dieses gesellschaftskritische Buch, es zeigt durchaus auch die schönen Seiten Bulgariens auf, bleibt dabei aber meistens im politischen und wirtschaftlichen Bereich, was es dem Leser schnell sehr langatmig vorkommen läßt. Dieses Buch ist ein anspruchsvolles Werk, das mit vielen Fakten und Informationen über das so oft übersehene Land am schwarzen Meer aufwartet. Für alle, die gerne auf Entdeckungsreisen gehobeneren Niveaus gehen, wird dieses Buch ein wahres Lesevergnügen sein, das mit vielen historischen und aktuellen Informationen und Impressionen aufwartet. -Stefanie Boos
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