Marion Dönhoff, 3 CassettenAlice Schwarzer, Marion Gräfin Dönhoff
Hörkassette
Ein Buch zum Anhören - eine ganz neue oder vielleicht auch nur aufgefrischte Erfahrung: Die Zeiten des Vorlesens und Erzählens sind in Vergessenheit geraten. Hier sind die aus vielen Fernsehdiskussionen bekannte Autorin Alice Schwarzer und ihr Buchobjekt selbst, Marion Gräfin Dönhoff, ehemalige Herausgeberin der Wochenzeitschrift < I> Die Zeit, zu hören. Quasi eine Autorenlesung auf Abruf. Als eingefleischte Buchleserin hat man allerdings etwas Schwierigkeiten mit dieser Form der " Lektüre" - aber kann man zum Beispiel eine lange Autofahrt sinnvoller nutzen als buchhörend? < P> Eine Vorzeigefeministin schreibt über eine Frau, die diesen Begriff für sich selbst aber nie reklamiert, ja sogar entschieden abgelehnt hat. Das hätte ein sehr interessantes Aufeinandertreffen werden können, wenn Alice Schwarzer mit ein bißchen weniger Respekt und einer Portion mehr Biß an diese interessante Persönlichkeit herangegangen wäre. So ist daraus vor allem ein vorsichtiges Herantasten an die Frage geworden, wie es diese Frau ganz ohne feministisches Denken geschafft hat, eine Karriere in der Männerwelt zu machen. Schwarzers einfache Antwort: Sie hat selbst ein Männerleben geführt. Gräfin Dönhoff hätte sicherlich eine andere Antwort: Was sie erreicht hat, verdankt sie ihrem eigenen Charakter, ihren Überzeugungen und vielleicht noch ihrem familiären Background. < P> Um dieser im In- und Ausland anerkannten Persönlichkeit näher zu kommen, beschäftigt sich Schwarzer überwiegend mit der Kindheit der ostpreußischen Adligen. Dort liegt sicherlich der Schlüssel zur Persönlichkeitsentwicklung dieser vom Vater wenig beachteten Nachzüglerin der Familie. Und dort liegt das, was die eher zufällige Wahlhamburgerin besonders geprägt hat: ihre wirkliche und einzige Heimat. < P> Dort wuchs sie in einem Freundeskreis auf, von dem viele später zum Widerstand des 20. Juli gehörten. Dönhoff, die schon nach wenigen Semestern vor dem grassierenden nationalsozialistischen Geist in die Schweiz ausweicht, um dort ihre Promotion zu machen, fügt sich wie von selbst in diesen Kreis. Sie, die sich um das inzwischen von allen Männern verlassene Familiengut Friedrichstein kümmern muß, nimmt an den Diskussionen über das Aussehen des Nach-Hitler-Deutschlands teil und fungiert als Kurier zwischen Ostpreußen und Berlin. Daß sie nie auf einer Liste der zukünftigen Regierungsmitglieder stand, mag ihre Rettung gewesen sein. < P> Leider kommt über diesen ersten Teil ihr Leben und Wirken in der Bundesrepublik zu kurz, aber dazu ist es wohl auch noch zu früh. Die politische Biographie der bedeutenden Publizistin, die zu den prägendsten Figuren der politischen Kultur der Bundesrepublik gehört, kann wohl erst geschrieben werden, wenn ihre Freunde und Mitarbeiter mehr Abstand gewonnen haben - und auch nicht mehr die Reaktionen dieser noch immer imposanten und sehr reservierten Frau fürchten müssen. < I>-Birgit Martens-Schöne
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