Der Rahmen: Ein Blick des Gehirns auf unser IchErnst Pöppel
Gebundene Ausgabe
Was ist dieses Buch? Ein unkonventioneller Forschungsbericht? Ein philosophisch-psychologisches Experiment? Ein Lesebuch zum Thema " Gehirn und Persönlichkeit"? Die Autobiografie eines Forschers? Von allem etwas; oder, besser gesagt: Was dieses Buch wirklich "ist", hängt vom Wahrnehmen und Erleben, vom Charakter und der Umwelt, mit einem Wort: dem " Rahmen" des jeweiligen Lesers ab. Der Rahmen ist für Pöppel eine anthropologische, durch das Funktionieren des menschlichen Gehirns bedingte Universalie: " Die Maschinerie des Gehirns bewirkt, dass jeder mit einem Rahmen ausgestattet ist; doch was im jeweiligen Rahmen erscheint, ist individuell oder auch kulturell bestimmt. " Ohne Rahmen geht gar nichts: Man kann nicht wahrnehmen und erleben, nicht denken und urteilen, nicht gehen oder stehen. Er ist die notwendige Bedingung, die sich ständig wandelnde Form individuellen Lebens: ". . . was immer wir im Bewusstsein haben, ist in einen Rahmen gestellt; weder gibt es einen leeren Rahmen noch gibt es ungerahmte Inhalte des mentalen Geschehens. " Ihm denkend beizukommen, ist daher so leicht nicht: " Dies ist das Problem des Rahmens: er ist immer vorhanden, aber man weiß es nicht. " Als Wissenschaftler lässt Pöppel den Leser in bewundernswert alltagsnaher Sprache an den Erkenntnissen der Hirn- und Kognitionsforschung teilhaben. Als Autor stellt er immer wieder den Bezug zum eigenen Leben und Erleben her und bemüht sich nach Kräften um eine seinem eigentlich unfassbaren Gegenstand angemessene Form. Autobiografisches - die Vorlesungen über die griechische Antike, die ein Bauer vom Heuwagen aus für den kleinen Ernst hält; seine Begegnung mit einem Mörder - verbindet er mit Wissenschaftlichem und Philosophischem. Durch diese geradezu experimentelle Form erfährt der Leser einiges über das Funktionieren seines eigenen Rahmens: Wie dieser das Gelesene ordnet, aneckt, sich verschiebt und es wieder neu ordnet. . . Der Mut zum Experiment ist die große Stärke des Buches. Im Rahmen des Rezensenten setzte sich jedenfalls auch Kritik fest: " Irgendwie stimmt die Form nicht immer. Das Unhierarchische, Ungeordnete des Textes wirkt mitunter gewollt. Und diese vielen Klammern. . . Manches hätte man auf jeden Fall straffen können. " Am besten, jeder konfrontiert das Buch mit seinem eigenen Rahmen. Wer sich für Gehirnforschung, Psychologie oder die Philosophie des Geistes interessiert, dürfte dies sicherlich mit Gewinn tun - auch und gerade, wenn er an Pöppels Rahmen aneckt. - Roland Große Holtforth, Literaturtest
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