Zu Gast bei Gustav KlimtJoachim Nagel; Isolde Ohlbaum
Gebundene Ausgabe
Wien huldigte um 1900 der Jugend: Nicht nur als Kunststil, sondern ebenso als Ausdruck von Lebenslust und geistigem Aufbruch. Geprägt hat diese Kunstperiode unter anderem der Maler Gustav Klimt, der aus bescheidenen Verhältnissen kommend zum gefeierten Künstler aufstieg. Ausstellungen seiner Bilder werden heute noch gestürmt. Vom privaten Klimt wissen wir weniger, etwa dass er als Lebemann galt und gerne auf Sommerfrische am Attersee weilte. Das ändert sich nun mit dem Band Zu Gast bei Gustav Klimt von Joachim Nagel und Isolde Ohlbaum, von den beiden höchst zutreffend als Genussbiografie bezeichnet. Denn der Leser begleitet Klimt zur Meierei Tivoli nahe dem Schönbrunner Schlosspark, wo er stets sein Frühstück, bestehend aus Kaffee, Gugelhupf und reichlich Schlagobers eingenommen und nebenbei seine Korrespondenz erledigt haben soll. Auch beim Abendessen habe Klimt den unbefangenen Genießer erkennen lassen: "Er nahm mit sichtlichem Behagen seine üppige Mahlzeit, stets zwei bis drei Portionen von jedem Gericht, und war er bei Freunden eingeladen, so wurden für Klimt immer zwei Platten mehr bereitgestellt." Als Gastgeber in den eigenen vier Wänden hielt sich der Künstler sehr zurück, er bevorzugte das Essen mit Prominenten des kulturellen Lebens in den Kaffeehäusern und Restaurants. Welche Speisen er damals bestellte und voller Freude zu sich nahm (Klimt war untersetzt, eher dick), lässt sich nun leicht nachlesen und ebenso leicht nachkochen. Etwa der Girardi-Rostbraten, benannt nach dem Wiener Volksschauspieler Alexander Girardi, einem Generationsgefährten Gustav Klimts. Oder Kalbsbries à la Tegetthoff gefällig? Auch dieses Gericht nach Admiral Tegetthoff benannt lässt sich ebenso mühelos zubereiten wie die Dobostorte, Suppe mit Secessionsnockerln, die Fischspeise Huchenschnitzel und weitere Dutzende Wiener Gerichte, die längst Weltberühmtheit erlangt haben. Somit ist mit dem Buch ein besonders reizvoller Brückenschlag zwischen Künstlerbiografie und kulinarischen Einblicken anzukündigen. Dem Kunsthistoriker Joachim Nagel, von dem bereits Zu Gast bei Goethe erschienen ist, und der Fotografin Isolde Ohlbaum gelang mit der Genussbiografie über Gustav Klimt ein weiterer Prachtband. -Elfriede Quell
|