Mein Leben zu viert: Von der Kunst, aufeinander zu hören. Das Guarneri-QuartettArnold Steinhardt
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"Wenn ich die Melodie zu schwungvoll spiele, könnte John Mühe haben, mir zu folgen. Die beiden Violinen müssen perfekt zusammen sein. Und Michael nicht vergessen. Wenn wir schleppen, bringen wir ihn mit der Bratsche aus dem Tritt. Nein, das klingt nicht gut über Davids ausgehaltener Cellostimme". Probleme eines Streichquartetts. Mein Gott, solche Harmonie wünschte man sich in mancher Ehe. Von der Kunst, aufeinander zu hören, lautet der schöne Untertitel des Buches. Was im täglichen Umgang miteinander leider nur noch selten anzutreffen ist, im Streichquartett ist es geradezu unerlässlich. Gilt beim Orchester der Dirigent als Alleinherrscher, so herrscht hier vergleichsweise die reinste, gelebte Demokratie. Seit mehr als 35 Jahren ist dies oberstes Reinheitsgebot beim legendären Guarneri Quartett, dessen Gründer Arnold Steinhardt hier eine anrührende Liebeserklärung und einige aufschlussreiche Innenansichten abgibt. Andere Quartette wechseln derart oft, dass manchmal kein Originalmitglied mehr darin zu finden ist - im Guarneri hingegen sind es noch die vier Männer der ersten Stunde ("Will ich wirklich bis in alle Ewigkeit mit diesen Kerlen zusammen sein?"). Steinhardts verschmitzter Albtraum: unsere Witwen hören dereinst beim Besuch des Guarneri-Gemeinschaftsgrabes von unten Gezänk über eine unsauber gespielte Haydn-Passage. Wenn das keine Liebe ist! Eine Liebe, gespeist durch gegenseitigen Respekt. Man probt, streitet übers Repertoire, die richtige Interpretation eines Werkes; nach härtesten Tourneemonaten schließlich sucht man die Distanz - bis man es ohne einander nicht mehr aushält. Fast beiläufig und in großer Bescheidenheit streift Steinhardt noch einmal die Erfolgsstationen seines Quartetts. Begegnungen mit Strawinsky und Rubinstein sowie dem amerikanischen Präsidenten Carter ("ein großer Kenner in Sachen Streichquartett") machen das Buch zur einmaligen Abenteuerreise in die Welt der Kammermusik. -Ravi Unger
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