Eine Unberührbare erzähltViramma, Josiane Racine, Jean-Luc Racine
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Was als ethnologische Forschungsarbeit über Gesänge und Legenden aus dem Südosten Indiens geplant war, wuchs sich schließlich zu einem über zehnjährigen Gespräch aus. Am Ende hatte man anstelle eines wissenschaftlichen Projektes das Leben einer bemerkenswerten Frau dokumentiert. Unversehens war eine < I> Paria, eine Unterdrückte, vom Tellerrand der indischen Gesellschaft mitten ins Zentrum der Welt gerückt. Erzählt wird die Geschichte Virammas, einer Unberührbaren. < P> Jean-Luc und Josiane Racine, er Geograf, sie Ethnologin tamilischer Herkunft, suchten im Rahmen ihrer Studien in Tamil Nadu das < I>ceri auf, den als "unrein" angesehenen, vom Dorf getrennten Bezirk, in dem die Unberührbaren leben. Hier hoffte man, Kostproben des nichtreligiösen Liedgutes der niedrigen Kastenangehörigen vorzufinden. Viele Geschichten und Gesänge bekam Josiane zu hören; eine Frauenstimme jedoch fiel ihr besonders auf. In Virammas Klagegesang schien gleichsam das Leid der Welt eingefangen. < P> Leid und Gewalt durchzogen in der Tat Virammas Leben wie ein roter Faden. Gewalt in Form von Hunger und Krankheit (allein neun ihrer zwölf Kinder starben im zartesten Alter), die tägliche Gewalt der Grundbesitzer, in deren Frondienst Viramma ein Leben lang schuftete, sexuelle Gewalt und ganz allgemein die Gewalt einer jahrhundertealten Tradition, die die Paria mit Verachtung straft. Wer indes die Vitalität der alten Frau erlebt, die ohne Spur von Bitterkeit und in kindlicher Naivität ihr Leben vor Josiane ausbreitet, erhält eine Ahnung von der Würde und universellen Menschlichkeit, die Gandhi meinte, als er die Unberührbaren einst als Kinder Gottes bezeichnete. < P> Nach der Lektüre dieses Lebensberichtes wird man innehalten. Eigene Wertewelten, Begriffe wie "bedeutende Persönlichkeit", geraten endgültig ins Wanken, wenn Viramma ein Leben in Knechtschaft und Unterdrückung in dem schlichten Satz zusammenfasst: " Aber sei's drum, ich bin an einem Glückstag geboren, an dem wir die Götter anbeten - und ich wurde nach einem benannt. Viramma!" < I>-Ravi Unger
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