Dolls [UK Import]DVD
Obwohl sich der japanische Filmemacher Takeshi Kitano von Anfang an nicht auf ein einziges Genre hat festlegen lassen, ist er zumindest im Westen vor allem als Regisseur von sehr modernen und sehr eigenwilligen Yakuza-Filmen bekannt. Doch das ist nur eine Fassette seines weit gefächerten Schaffens. Eine ganz andere offenbart sich in < I> Dolls, einem durch und durch stilisierten Episodenfilm, der von den Dramen und Tragödien des traditionellen Bunraku-Theaters inspiriert worden ist. < P> < I> Dolls beginnt mit einer Aufführung von Monzaemon Chikamatsus berühmten Stück " Der Bote der Unterwelt", einem aus dem 18. Jahrhundert stammenden Klassiker dieser extrem stilisierten Theaterform. Die Puppen im Bunraku-Theater sind mehr als einen Meter groß und werden von drei die ganze Zeit sichtbaren Spielern bewegt. Am Rand der Bühne sitzen neben dem Erzähler, der das Geschehen kommentiert und sämtliche Rollen spricht, auch noch die ihn begleitenden Musiker. Eine Illusion von Realismus ist ganz und gar ausgeschlossen, und doch provozieren Aufführungen wie diese oft stärkere Emotionen im Publikum als die meisten von Menschen gespielten Stücke. Das mag zunächst wie ein Widerspruch erscheinen. Doch die Kunst des Bunraku-Theaters liegt in einer Stilisierung, die im tiefsten Innern verschüttete Gefühle zurück ins Bewusstsein bringt. Einen ähnlichen Effekt strebt Kitano mit den drei tragischen Liebesgeschichten an, die er hier ineinander verwoben hat. < P> Schon nach kurzer Zeit führt Kitano die Puppen aus dem Theater heraus in einen imaginären schwarzen Raum, in dem sie beginnen, sich drei Geschichten zu erzählen, deren Protagonisten Menschen unserer Zeit sind. Die erste Geschichte, die auch den größten Raum für sich einnimmt und in die die anderen beiden Tragödien eingebettet sind, handelt von den "aneinander gebundenen Bettlern". Für alle stand fest, dass Matsumoto und Sawako das ideale Paar sind. Doch dann haben Matsumotos Eltern ihren Sohn gedrängt, er solle in die Familie seines Chefs einheiraten und so Karriere machen. Daraufhin hat Sawako versucht, sich umzubringen, und dabei einen schweren Hirnschaden erlitten. Als Matsumoto davon erfährt, lässt er die Hochzeit mit der Tochter des Chefs platzen und kehrt zu Sawako zurück, die sich nicht mehr an ihn erinnern kann. Fortan laufen die beiden durch ein rotes Seil aneinander gebunden durch die Straßen und Parks der Stadt. Die zweite Geschichte erzählt von einem Yakuza-Boss, der vor 30 Jahren seine Geliebte verlassen hat. Wie früher wartet sie immer noch jeden Samstag in einem Park auf ihn. Nun ist er alt geworden und sehnt sich nach seiner früheren Liebe. Für einen Moment scheint sogar ein neuer Anfang möglich, nur holt ihn schließlich seine Yakuza-Vergangenheit ein. In der dritten Geschichte versucht Nukui, ein Fan, der Sängerin Haruna, deren Gesicht nach einem schrecklichen Autounfall entstellt ist, näher zu kommen. Da sie niemanden an sich heranlässt, blendet Nukui sich selbst. < P> So einfach und klar diese Geschichten auf den ersten Blick auch erscheinen mögen, Takeshi Kitano inszeniert so distanziert und stilisiert, dass sie einem zunächst ganz fremd erscheinen. Anders als etwa europäische und amerikanische Melodramen setzt < I> Dolls nur indirekt auf das Mitgefühl des Zuschauers. Es sind nicht so sehr die Geschichten, die einen berühren. Es sind vielmehr die Farben, in denen Takeshi Kitano sie erzählt. Bisher wirkten seine Filme immer etwas monochrom, Blau- und Grautöne herrschten vor, hier nutzt er nun zum ersten Mal die ganze Palette der Primärfarben. Die Bilder strahlen regelrecht und treffen einen mit ihrer beinahe schon überirdischen Schönheit direkt ins Herz. Wie die Stilisierungen des Puppentheaters provozieren sie Emotionen, die viel tiefer reichen als die Gefühle, die einzig und allein aus der Identifikation mit den Figuren erwachsen. < I>-Sascha Westphal
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