Deutsche OuvertürenAudio CD
Ouvertüren sind wie eine Bewerbung , ein Vorstellungsgespräch: Sie müssen einen guten, bleibenden Eindruck hinterlassen, damit man das Interesse nicht verliert. Sie dürfen aber nicht alle Geheimnisse preisgeben, sonst wird's langweilig. < P> Christian Thielemann, momentan vielleicht der bekannteste deutsche Stab-Virtuose, dirigiert die Wiener Philharmoniker durch sieben deutsche, hochromantische Ouvertüren. " Ein Sommernachtstraum" des erst 17jährigen Mendelssohn macht den Anfang. Und obwohl hier die Feen schwirren, die Kobolde gurren und die Nixen sich tummeln, wirkt hier nicht alles goldig was glänzt. Unheimlich vielschichtig, was der junge Komponist uns da hinzaubert. Thielemann dirigiert äußerst feinfühlig, bleibt aber etwas an der Oberflächen kleben. Er beobachtet die Geisterwelt, er taucht nicht in sie ein, könnte man meinen. So entlockt er den Wiener Philharmonikern zwar auch bei Carl Maria von Webers " Euryanthe"- und " Oberon"-Ouvertüren Schönklang und Präzision, bleibt aber lieber über dem Wasser. Virtuos und beeindruckend Mendelssohns akustisches Reisedokument namens " Hebriden"-Ouvertüre. Des Komponisten Eindrücke einer Schottland-Reise in vorbei huschenden Bildern. Hier lässt Thielemann zeitweise großartige Gemälde entstehen. Die tiefen Streicher als kolossales Fundament, die Violinen nicht zu schrill, die Bläser geschickt in den Gesamtklang einfügend, schafft er bleibende Impressionen. Wieder etwas zu schönfärberisch Otto Nicolais Eröffnung zu " Die lustigen Weiber von Windsor". Der Humor lugt nur selten hinter der Ästhetik hervor. Heinrich August Marschners " Hans Heiling"-Ouvertüre leitet in puncto Dramatik und Zerrissenheit nahtlos zu Wagners " Rienzi"-Anfang hinüber. Hier wie dort Virtuosität, Melancholie und Schwermut. Besonders bei Wagner zeigt Thielemann auch mal Mut zu Unvorhergesehenem: Statt Schönfärberei extreme Dynamik, statt alles beherrschende Ästhetik eine schillernde, immer wieder überraschenden Klangpalette. Ein gelungener Abschluss, aber hier wäre man wirklich gespannt, wie es weitergeht. . . < P> Rudolf Kamm
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