Helmut Schmidt: Vernunft und Leidenschaft - 1918-1969Hartmut Soell
Gebundene Ausgabe
Helmut Schmidt war ein politisches Ausnahmetalent - vernunftgesteuert bei der Wahl seiner Ziele, leidenschaftlich bei deren Umsetzung, ein mitreißender Redner mit außergewöhnlichen Führungsqualitäten. Stets sei Schmidt dabei ein " Pathos der Nüchternheit" zu Eigen gewesen, schreibt der Historiker Hartmut Soell in seiner dickleibigen und hoch informativen Biografie über den S P D-Politiker und späteren Bundeskanzler. Schmidts Markenzeichen sei es gewesen, kühl zu entscheiden und schnell zu handeln, anstatt lange Zeit mit Theoriedebatten zu verschwenden: Soell führt dies auf Schmidts Erfahrungen als Frontsoldat im Zweiten Weltkrieg zurück. < P> In diesem ersten Band der Biografie begleitet Soell Schmidts Lebenslauf von der Geburt 1918 bis Ende der 1960er-Jahre, als der S P D-Spitzenmann längst zum "dynamischen Zentrum" seiner Partei und Fraktion geworden war. Gerade aus der Jugendzeit Schmidts weiß der Autor Aufschlussreiches zu berichten. Große Bedeutung misst Soell etwa der Tatsache bei, dass Schmidts Großvater Jude war. Die Furcht, dass dies während der N S-Zeit bekannt werden und schlimme Folgen für die Familie haben könnte, habe wie ein " Schatten" auf dem Leben des Heranwachsenden gelegen. < P> In der Nachkriegszeit zeichnet Soell die politische Karriere Schmidts nach: Diese begann mit ersten Ämtern in Hamburg (wo er sich besonders als Innensenator während der Sturmflut 1962 bewährte) und führte dann schnell in den Bundestag. Dort stieg Schmidt schließlich zum S P D-Fraktionschef in der Zeit der Großen Koalition auf. Auch Privates findet Platz in diesem Buch, etwa die lebenslange Beziehung zwischen Schmidt und seiner Frau Loki, die bereits in der Schulzeit begann. < P> Soell hat ein im wahrsten Sinne des Wortes gewichtiges Werk verfasst. Zahllose, teils bislang unerschlossene Quellen hat der Autor ausgewertet. Leider verfügt Soell nicht über das Talent, das Wesentliche auch einmal in knapper Form zusammenzufassen, sich auf einen roten Faden zu konzentrieren. Stattdessen erzählt er viele Reden oder Gesetzentwürfe in ermüdender Ausführlichkeit nach. An Faktendichte und Detailreichtum dürfte diese Biografie jedoch nicht so schnell zu überbieten sein. Ein wirkliches Standardwerk mit hohem wissenschaftlichen Anspruch. < I>-Christoph Peerenboom
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