Macht und Ohnmacht. Amerika und Europa in der neuen Weltordnung.Robert Kagan
Gebundene Ausgabe
Ein Bär und zwei Männer streifen durch den Wald. Einer der Männer hat nur ein Messer. Damit greift er den Bären lieber nicht an. Dieser Mann heißt Europa. Der zweite Mann ist mit einem Gewehr bewaffnet und will den Bären töten. Sein Name: Amerika. Mittels dieses Vergleichs beschreibt Robert Kagan die weltpolitische Lage. In der Streitschrift Macht und Ohnmacht formuliert der Politiker-Berater und Kolumnist seine Meinung in U S-Manier pragmatisch, plakativ und selbstbewusst. Ex-U S-Außenminister Henry Kissinger glaubt, " Kagans Essay zeichnet die Diskussion der kommenden Jahre vor". Kagans Argumentationsstrang sieht wie folgt aus: Seit dem Ersten Weltkrieg ist die militärische Abhängigkeit Europas von den U S A ständig gewachsen. Das Ende des Kalten Krieges hat dieses Ungleichgewicht vergrößert. Denn die ( West-) Europäer haben ihre Verteidigungsarmeen nicht zu mobilen Eingreiftruppen umgebaut, geben zu wenig Geld für Rüstung aus und zu viel für den Sozialstaat. Zwar hat sich Europa als Folge der furchtbaren Weltkriege von Machtpolitik verabschiedet. Europas heute zur Schau gestellte Toleranz sei jedoch kein Ergebnis der Geschichte, sondern ein Zeichen der Schwäche, wozu Kagan auch das multilateralistische Engagement für Völkerrecht und Vereinte Nationen zählt. Der U S-Unilateralismus verkörpere hingegen faktische Stärke, eine lange Ära amerikanischer Hegemonie stehe bevor. Sicher: Die Freundschaft zu den mächtigen U S A stärkt Europa. Deshalb kann Amerika aber keinen Freibrief für militärische Interventionen erwarten. Es darf niemand ausschließen, dass Frieden durch Verhandlungen erreicht und Stabilität durch behutsame Annäherung geschaffen werden kann. Auch nicht alle politischen Beschwichtigungsversuche waren historische Fehlschläge, wie Kagan zu glauben scheint. Zudem ist es fraglich, ob islamische Länder demokratisiert werden können wie einst das nationalsozialistische Deutschland nach 1945. Genauso könnte massiver militärischer Druck weltweit israelische Verhältnisse hervorrufen. Und wo die einen an europäische Schwäche glauben, sehen andere übertriebene U S-amerikanische Furcht. Robert Kagan schreibt in seiner Streitschrift über die U S A: " Insofern die Amerikaner an Macht glauben, sehen sie darin ein Mittel zur Förderung der Prinzipien einer freiheitlichen Gesellschafts- und Weltordnung. Sie nehmen für sich nicht das Recht des Stärkeren in Anspruch. " Mal sehen. Und hoffentlich entpuppen sich vermeintlich erlegte Bären nicht als zahnlose Wölfe. -Herwig Slezak
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