Allein mit dem Teufel: Begegnungen mit sieben DiktatorenRiccardo Orizio
Gebundene Ausgabe, 01.02.2004
Viele Journalisten haben so etwas wie eine Marotte. Auch er selbst, räumt Riccardo Orizio freimütig ein, gehöre zu dieser Spezies von Zeitungsleuten, die über Jahre für ihr Privatarchiv Informationen über ein mehr oder minder abseitiges Thema sammeln, von dem sie längst wissen, dass in ihrer Zeitung niemand etwas darüber gedruckt sehen will. Wenn sich solche Leute dann irgendwann einmal an die Auswertung ihrer kleinen oder auch schon mal größeren Schatzkisten machen, kommen aber gar nicht einmal so selten sehr interessante Sachen dabei heraus. So wie Orizios Buch über ein paar ehemalige Diktatoren, über die er nicht nur Zeitungsausschnitte gesammelt hat, sondern von denen er im Laufe der Jahre manche zum Teil mehrfach getroffen und gesprochen hat. Sieben Ex-Diktatoren sowie die nicht minder böse Witwe von Enver Hoxha und die Frau von Slobodan Milosevic hat er für diesen Band aus- und aufgesucht. Die Porträts der beiden Ehepaare sowie jene von Idi Amin, Jean-Bedel Bokassa, Jean-Claude "Baby Doc" Duvalier und Haile Mariam Mengistu sind durch die Bank gelungen. Ein bisschen aus dem Rahmen aber fällt der von Orizio ebenfalls zu den Teufeln gezählte polnische General Jaruzelski. Gewiss auch er kein Heiliger, doch handelt es sich bei ihm zweifellos um ein anderes Kaliber als bei Amin ("Ich vermisse das ugandische Essen"), Bokassa oder "Baby Doc". Immerhin bewahrte Jaruzelski Europa vermutlich vor einem Blutbad, indem er den Einmarsch russischer Truppen verhinderte. Ansonsten aber überzeugt das anekdotenreiche Buch auf ganzer Linie. Nicht minder lesenswert als die Berichte aus der Gegenwart der außer Dienst gestellten "Monster" sind die Schilderungen Ozarios, wie und wo er nach ihnen gesucht und sie schließlich aufgespürt hat. --Hasso Greb
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